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Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 769 mal aufgerufen
 Trauriges, Besinnliches, Ärgerliches
connie Offline




Beiträge: 2.614

06.11.2006 23:08
RE: Warum? Antworten

Es geht nicht um einen Hund, es geht um einen Menschen. Trotzdem möchte ich Euch die Geschichte erzählen.

Sie war die Tochter der Freundin meiner Mutter. Nicht ganz 30 Jahre alt. Sie hatte eine schöne, behütete Kindheit, liebevolle Eltern, tolle Geschwister.Alle Freiheiten, die man sich wünschen kann. Nach ihrer Schulzeit hat sie eine Lehre bei einer Bank gemacht, auch danach dort gearbeitet. Bis sie ihren Feund kennen lernte. Sie war die große Liebe seines Lebens. Gemeinsam haben sie ein Lokal eröffnet, das sehr gut lief. Fast wie Sonntagskind.

Die Beziehung zerbrach, sie wollte nicht mehr. Er hat lange um sie gekämpft, ohne Erfolg. Sie hatte andere Pläne.
Sie zog nach Bayern, hatte dort einen gut bezahlten Job bei einer Bank, eine schöne Wohnung mit einer Freundin zusammen und viele Freunde. Wie ein Sonntagskind.

Und dann kam der Tag. Der Tag, an dem abends die Polizei zu ihren Eltern kam um ihnen zu sagen, die Tochter ist tot.
Ich kann die Trauer, das Leid der Eltern nicht mit Worten beschreiben, es war furchtbar.
Die Beerdigung war so ergreifend. Die ganz Kirche war voll, voller junger Leute, aus Wuppertal, aus Bayern. Alle waren gekommen, um sich von ihr zu verabschieden, alle weinten.
Und viele wußten nicht, was passiert war, wie es soweit kommen konnte.
Wir haben es auch erst später erfahren.
Dass dieses Sonntagskind in den Baumarkt gefahren war, eine Schlauch gekauft hat, in den Wald gefahren ist, den Schlauch auf den Auspzff gesteckt hat, das andere Ende ins Innere gelegt und den Motor gestartet hat. Leider ist sie erst viel zu spät gefunden worden.

Das Schlimme ist, niemand weiß warum. Niemand hat schwere Depresionen bemerkt, es gab keinen Abschiedsbrief.
Wie schlimm es für die Eltern war, nach Bayern fahren zu müssen und die Sachen ihrer Tochter holen zu müßen brauche ich ja nicht zu sagen. Sie haben lange nach dem Grund, Krankheit, Probleme, Depressionen, gesucht, doch nichts gefunden.
SIE IST EINFACH SO GEGANGEN.

Und jedes Jahr, wenn sich dieser Tag wieder einmal jährt, denken viele an sie und fragen sich immer noch: warum?

Liebe Grüße
Connie

rth Offline




Beiträge: 4.881

07.11.2006 00:01
#2 RE: Warum? Antworten

Diese "Geschichte" hat mich sehr erschüttert.

Das WARUM nicht zu kennen, ist wahrscheinlich das Allerschlimmste. Das, was alle am meisten belastet, die sie kannten. Denn jeder, der sie mochte, wird sich zeit seines Lebens immer wieder fragen, ob er nicht irgendwelche Anzeichen erkennen und diesen - wahrscheinlich völlig sinnlosen - Tod verhindern hätte können. Manche werden sich vielleicht sogar echte Vorwürfe machen - weil einfach keiner weiß, was dieses "Sonntagskind" in den Tod getrieben hat.

Ich kannte diese junge Frau nicht - trotzdem habe ich jetzt eine hilflose und damit ungeheuere Wut auf sie. Nicht sie tut mir wirklich leid, sondern all diejenigen, die sie liebten und kannten, und die sie mit all ihren Selbstvorwürfen und Zweifeln zurück gelassen hat.

Leider denkt kein Selbstmörder auch nur im geringsten darüber nach. Denn wenn sie es täten, würden die meisten es bestimmt nicht mehr tun.

Ich habe tiefstes Mitgefühl mit der Freundin Deiner Mutter und ihrer Familie, all den Freunden der jungen Frau und auch für Dich, Connie, die das wohl auch sehr belastet.

connie Offline




Beiträge: 2.614

07.11.2006 11:50
#3 RE: Warum? Antworten

Hi Karin,

ich weiß nicht ob es mich belastet, es ist ja jetzt schon 3 Jahre her. Aber immer, wenn der Jahrestag kommt, man die tiefe Trauer der Eltern spürt, die dann besonders daran denken, dann stellt sich auch mir wieder die Frage, warum.
Ich kann es einfach nicht verstehen.

Was Du über die Wut geschrieben hast stimmt. Ihre Schwester konnte lange nicht trauern, weil sie unheimlich wütend auf sie war. Warum sie nicht mit ihr gesprochen hat, sich einfach so davon gemacht hat.
Wenn sie wenigstens einen Abschiedsbrief hinterlassen hätte. Aber so ist es für die Eltern noch viel schlimmer, weil sie meinen versagt zu haben.

Vielleicht war sie in einem Ausnahmezustand, der sie ganz spontan so handeln liess. Später hätte sie es vielleicht gar nicht mehr gewollt, aber da war es zu spät.

mausal Offline




Beiträge: 529

07.11.2006 18:00
#4 RE: Warum? Antworten

oh jeh, ist das traurig. ich hab gänsehaut.
ich stell es mir auch sehr hart vor, wenn man als eltern erst gesagt bekommt, dass die eigene tochter tot ist und dann auch noch ihre privatsphäre, was ihre wohnung in bayern ja war, zu zerstören.
viele eltern lassen ja das kinderzimmer ihrer verstorbenen kinder unberührt, um sie dadurch doch noch irgendwie in der nähe zu haben. wenn man aber dann alles in kisten und schahteln verpacken muss, das ist hart.
ich finde es auch sehr ergreifend, wie du schreibst. fast schon wie ein gedicht oder eine ballade klingt deine ausdrucksweise beim lesen.

RubiCindy Offline



Beiträge: 91

07.11.2006 21:54
#5 RE: Warum? Antworten

Das ist sehr, sehr schlimm.
Dasselbe ist mit meiner Cousine passiert, sie hinterließ Eltern, Freund und kleines Kind. Wir alle waren total fassungslos und es gibt bis heute keine Antworten.

Mir hat das den Anlass gegeben, für mich noch einmal zu hinterfragen, warum wir Menschen dazu neigen hinter einer Fassade zu leben. Nach außen hin ist alles toll - wie es in dem menschen in Wirklichkeit aussieht steht auf einem anderen Blatt und erschließt sich oftmals nicht.

Ich frage mich bis heute ob es wirklich keine Anzeichen gab - oder ob die kleinen Zeichen in der Hektik des Alltags unter gegangen sind.

Eine Selbsttötung ist eine schwere Entscheidung, der meistens lange Überlegungen und Planungen vorraus gehen.
Ich versuche mit offenen Augen und feinen Antennen durchs Leben zu gehen - aber ich glaube dass man nur Menschen helfen kann, wenn sie das wollen.
Hilfe und Schwäche zulassen ist sicherlich für viele auch schwer.

LG, eine nachdenkliche Miriam

rth Offline




Beiträge: 4.881

07.11.2006 22:32
#6 RE: Warum? Antworten

Zitat
Gepostet von RubiCindy
Nach außen hin ist alles toll - wie es in dem Menschen in Wirklichkeit aussieht, steht auf einem anderen Blatt und erschließt sich oftmals nicht.


Werden wir denn nicht von klein auf schon dazu erzogen, nicht zu zeigen, wie es in einem wirklich aussieht?
"Sei stark", "zeig nicht, dass du verletzt bist", "trag deinen Kopf hoch", "ein Mann weint nicht" usw. usw.

Zitat
Ich frage mich bis heute ob es wirklich keine Anzeichen gab - oder ob die kleinen Zeichen in der Hektik des Alltags unter gegangen sind.


Nachdem allgemein inzwischen meist üblich, ständig zu "jammern", ist es vermutlich wirklich schwer, echte Nöte zu erkennen. Ich glaube, da muß man jemanden schon verdammt gut kennen und auch lieben, um diesen Unterschied zu merken.

Zitat
Eine Selbsttötung ist eine schwere Entscheidung, der meistens lange Überlegungen und Planungen voraus gehen.


Das glaube ich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich denke eher, dass da zwar schon einiges/vieles zusammen kommen muß, wo man immer wieder verzweifelt, aber letztendlich ist das "Tüpfelchen auf dem i" meist nur ein ganz kleiner, unwichtiger Anlaß. Und dann kommt es zu einer Kurzschlußreaktion, wo nicht mehr überlegt wird.

Zitat
... aber ich glaube dass man nur Menschen helfen kann, wenn sie das wollen.
Hilfe und Schwäche zulassen ist sicherlich für viele auch schwer.


. . . siehe Punkt 1: so werden wir leider schon von klein auf erzogen . . . Echt Sch......

connie Offline




Beiträge: 2.614

07.11.2006 23:00
#7 RE: Warum? Antworten

Zitat
Gepostet von rth

Werden wir denn nicht von klein auf schon dazu erzogen, nicht zu zeigen, wie es in einem wirklich aussieht?
"Sei stark", "zeig nicht, dass du verletzt bist", "trag deinen Kopf hoch", "ein Mann weint nicht" usw. usw.


Leider ja. Ist wohl in vielen Familien so. Da word den Kindern beigebracht, hinter einer Fassade zu leben. Nicht zu zeigen, dass sie verletzt sind, dass man vielleicht wenig Geld hat usw.

[quote]Ich frage mich bis heute ob es wirklich keine Anzeichen gab - oder ob die kleinen Zeichen in der Hektik des Alltags unter gegangen sind.[/quote]

Es gab bestimmt Anzeichen, aber wer kann die schon richtig deuten? Wenn man nicht dauernd mit dem Menschen zusammen lebt, ihn ganz genau kennt.

Nachdem allgemein inzwischen meist üblich, ständig zu "jammern", ist es vermutlich wirklich schwer, echte Nöte zu erkennen.

Da sagst Du ein weises Wort Karin. Heute ist es ja richtig Mode, zu jammern. Und "besser" als andere zu sein. Ich habe ja z.B. 30 Jahre als Arztzhelferin gearbeitet, habe auch oft Gespräche im Wartezimmer mitbekommen. Und oft nur mit dem Kopf geschüttelt wenn sich Leute über ihre Krankheiten unterhalten haben und jeder wollte kränker sein als der andere.

[quote]Eine Selbsttötung ist eine schwere Entscheidung, der meistens lange Überlegungen und Planungen voraus gehen.



Nicht unbedingt. In diesem Fall war es ja wohl eine ganz spontane Sache. In einem Auto sitzen zu bleiben, von Abgasen eingehüllt, stell ich mir grauenhaft vor.

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